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»Müll zu sammeln, zu entsorgen, zu recyceln, ohne dass er die Umwelt vergiftet oder im Meer landet, gehört gegenwärtig zu den großen Menschheitsaufgaben« (S. 10).
Roman Köster zeigt in seinem Buch »Müll. Eine schmutzige Geschichte der Menschheit« auf, wie sich der Mensch und sein Umgang mit dem Müll über die Jahrhunderte verändert haben. Die Lektüre ist in drei Kapitel eingeteilt. Diese orientieren sich am zeitlichen Werdegang der Abfallgeschichte – von der Vormoderne, über das Industriezeitalter bis heute, dem Zeitalter des Massenkonsums. Am Ende hält Roman Köster einen Epilog über die Verschmutzung unserer Meere bereit.
Ab der Sesshaftwerdung des Menschen (zwischen 10.000 und 6000 Jahren v. u. Z.) entwickelte sich der Müll bereits damals zum Problem, allerdings waren die Herausforderungen andere. Die Zeit, in der sich der Mensch mit seinem Abfall auseinandersetzen musste, prägte auch die Definition und den Umgang mit seinem Müll. Der Handlungsspielraum bliebt dabei jedoch immer gleich – das Wegwerfen, Entsorgen und die Wiederverwertung hat sich im Laufe der Geschichte jedoch verändert.
Thematisch bezieht Köster ganz viel Spannendes in sein Buch mit ein, dabei steht der Bezug zum Abfall im Mittelpunkt. Während in der Vormoderne das Zusammenleben mit Tieren und die Hygiene eine Herausforderung darstellten, erklärt Roman Köster, dass die Müllabfuhr im Industriezeitalter erfunden wurde und wie wichtig zu dieser Zeit die Städtehygiene war. Dabei spielte auch Klassismus eine enorm wichtige Rolle. Während des Massenkonsums entstand das Label der Wegwerfgesellschaft.
Hierbei bleibt Kapitalismuskritik selbstverständlich nicht aus. Insgesamt erteilt die Lektüre aber keine Ratschläge, sondern regt eher durch den wissenschaftlichen Bezug und eine alles andere als rosige Prognose zum Umdenken an, wie es mit der Flut an Müll, die tagtäglich produziert wird, weitergehen soll.
»Allein an Plastikmüll produziert die Menschheit jeden Tag das Gewicht von etwa 100 Eifeltürmen. […] Werden keine drastischen Maßnahmen ergriffen, fallen weltweit im Jahr 2050 etwa 3,4 Mrd. Tonnen Hausmüll an, also noch einmal 75 Prozent mehr als gegenwärtig« (S. 9/10).
Die Sprache ist leicht und verständlich, der Schreibstil ist nüchtern und trotzdem wird eine emotionale Komponente bedient. Zwischen Ekel, Scham und Empörung, entwickelte sich bei mir mit jeder Seite auch noch mehr Neugierde für das Thema Müll und ich hatte einige Aha-Momente während des Lesens. Der Autor findet für seine Aussagen zahlreiche Belege und hält auch 40 Abbildungen für die Leser:innen des Buches bereit. Mich hat das Buch tatsächlich sehr begeistert. Roman Köster zeigt auf, wie facettenreich die Thematik rund um den Abfall sein kann.
Der Autor nimmt verschiedene Blickwinkel ein, um das Thema Müll zu beleuchte. So bringt das Buch nicht nur umweltgeschichtliche Fakten ein, es werden beispielsweise auch wirtschaftliche, soziale und soziologische Bezüge aufgegriffen.
Zu Beginn und gegen Ende lässt Roman Köster ein wenig Kritik am Konsum der Menschheit durchblicken, Handlungsempfehlungen oder das Überdenken des eigenen Verbrauchs liefert dieses Buch allerdings nicht.
»Das große Thema der Ressourcenverschwendung betrifft uns direkt, steht aber zugleich sinnbildlich für die krankhaften Auswüchse eines Wirtschaftssystems, [g]erade weil wir den Müll zwar selbst produzieren, aber nicht aus freien Stücken, legen Abfallströme offen, wie der Kapitalismus offensichtlich daran scheitert, die Produktion unseren Bedürfnissen anzupassen« (S. 10/11).
Mit »Müll« liefert Roman Köster ein interessantes, zeitloses Sachbuch, bei dem klar wird, wie eng der Mensch und sein Müll miteinander verknüpft sind.
Der Originalbeitrag ist auf Nicola Oertels Instagramkanal nachzulesen.
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